8.
April 2006
..
Die
Zukunft ist da...
...zumindest im Focus-Cinemas
in Emsdetten. Dort durfte ich nämlich einen der neuen Digital-Projektoren
bestaunen. Und für einen alten Filmvorführer wie mich ist es
schon arg gewöhnungsbedürftig gewesen, so einen eleganten, großen,
schwarzen Kasten ganz ohne Filmrollen und Knattergeräusch zu sehen.
Dabei hat die digitale
Revolution eigentlich recht lange auf sich warten lassen. Schon im Jahre
2000 kündigte George Lucas an, seine Episode 2 nur digital projizieren
zu lassen. Aber das schien den Kinobesitzern angesichts der vielen Kinderkrankheiten
der neuen Systeme nicht einmal ein Schulterzucken entlocken zu können.
Erst jetzt sind also die ersten Geräte in den Vorführräumen
erschienen, wobei es bis zu den ersten Vorstellungen noch ein Weilchen
dauern wird - es fehlen nämlich noch die eigentlich Filme. Doch bei
den ersten Testläufen konnte ich zu meiner Erleichterung feststellen,
dass jedweder Vergleich zu den bekannten Videobeamern reine Zeitverschwendung
wäre. Das wie in Stein gemeißelt ruhige Bild besitzt satte Farben
und Kontraste und weist eine Schärfe auf, wie man sie noch nie zu
Gesicht bekommen hatte. Von Flimmern oder anderen störenden Einflüssen
gibt es nicht den Hauch einer Spur. Nur bei schnellen Aufhellungen oder
Explosionen konnte man für einen kleinen Augenblick eine leicht schemenhafte
Bildpunktrasterung erkennen. Dennoch ist es erstaunlich, wie glatt das
Bild bei einer Auflösung von „nur“ knapp 2000 zu 1000 Pixeln ist.
(Je nach Format variiert sie ein wenig.)
Böse Zungen
behaupten ja, dass man in den letzten Jahren die Filmkopien absichtlich
schlechter gemacht hat, damit der Umstieg zur digitalen Projektion eindeutig
auch als qualitativer Fortschritt zu erkennen sei (im Hinblick auf das
grausig körnige Bild der „Inside-Man-Kopie, bei der nicht einmal die
Tonspur korrekt gelesen werden konnte, könnte man diese Praktik beschwören),
aber von einer Qualitätsminderung kann nüchtern betrachtet sicherlich
keine Rede sein. Für die Filmindustrie sind die Vorteile dabei noch
erheblich größer. Die Produktionskosten der Kopien in Höhe
von etlichen Millionen Dollar pro Film fällt nun zusammen mit den
Transportkosten völlig weg. Ein Verschleiß der Filmrolle ist
nun ebenfalls nicht mehr existent. Kinobesitzer laden sich demnächst
die Filme einfach aus dem Verleihsystem herunter und können somit
kurzfristig ihr Programm ändern oder Sondervorstellungen einschieben.
Auch eine Fußballübertragung im HDTV-Format muss einfach der
Hammer sein. Und nicht zuletzt die kleinen regionalen Filmclubs und Videovereine
bekommen nun die Möglichkeit, ihre auf DVD gebrannten Werke einem
interessierten Publikum auf der großen Leinwand zu präsentieren.
Für junge Filmemacher und die Kultur des Films allgemein dürfte
dies sicherlich nur Gutes zu bedeuten haben.
Der Beruf des Filmvorführers
wird aber wohl über kurz oder lang aussterben. Denn mit der neuen
Technik lassen sich die Geräte von einem zentralen Büro aus laden,
programmieren und starten.
Aber eines muss
man ebenfalls bemerken. So glasklar und still das Bild auch war, irgendwie
erschien es merkwürdig leblos. Vielleicht entspringt dieses Gefühl
nur meinem Empfinden als ehemaliger Filmvorführer, der schon mal mit
einer 25-Kilo-Filmdose in den Armen die Treppe herunter gefallen und daraufhin
stundenlang mit dem Aufrollen von zirka 3km Film beschäftigt war,
doch der Unterschied zum Fernseher ist eindeutig kleiner geworden - wenn
auch nicht qualitativ, aber vom Flair des traditionellen Kintops ist eindeutig
etwas verloren gegangen.
Sei es drum.
Nach mehr als 100
Jahren ist es um das Malteserkreuz also geschehen. Von nun an kehrt Stille
in die Vorführräume ein. Der Laie bekommt davon natürlich
wenig mit. Vermutlich werden nicht wenige Zuschauer die Umstellung gar
nicht bewusst wahrnehmen. Bleibt nur zu hoffen, dass die Kinobetreiber
nicht an der Preisschraube für eine Eintrittskarte drehen, denn bei
all den Kosten, die nun eingespart werden, und der doch eher geringen Qualitätssteigerung,
wäre das einfach bloß eine Abzocke. Außerdem glaube ich
kaum, dass die Kinos es sich leisten könnten, die paar treuen Zuschauer,
die sie noch haben, mit weiteren Preissteigerungen zu vergraulen.
Insgesamt aber braucht
man um das Kino wohl keine Angst zu haben. Da hat man zu Zeiten der ersten
Fernseher weit mehr Grund zum Zittern gehabt. Letztlich kommt es auf die
Geschichten an, die erzählt werden. Und wenn diese wirklich gut ist,
dann wären sie selbst in schwarz/weiß und mono noch sehenswert.
Also – gute Unterhaltung
Euch allen!
|