III.1. Das Geheimnis des ErfolgesInhaltsverzeichniswww.bleyenberg.deIII.3. Der Fluch von Kunst und Kommerz

III. SOZIOKULTURELLER KONTEXT
2. Der Kultfilm als postmodernes Phänomen

Eine strikte Trennung zwischen soziologischen Betrachtungsweisen hinsichtlich des Postmodernismus' und anderen Gebieten, wie zum Beispiel Film- oder Jugendsoziologie, ist inzwischen schier unmöglich geworden. Die zumeist negativen Intentionen, mit denen dieser Begriff zusammenhängt, haben in sämtliche Bereiche übergegriffen und scheinen zuweilen gar als universelle, aber unkommentierte Begründung für den vermeintlichen soziokulturellen Niedergang zu gelten. So beginnen öffentliche Diskussionen über diese Thematik häufig mit Ausdrücken wie Heutzutage... oder In Zeiten wie diesen... – auch ich dürfte das eine oder andere mal einen Satz so begonnen haben, die letztlich nichts anderes sagen als: Früher war eh alles besser! Allerdings ist dieser letzte Satz sicherlich älter, als die Postmoderne es je werden wird. 

Vor allem der Film stand als das postmoderne Medium in der kulturellen Diskussion immer an vorderster Front. (vgl. Jameson 1994: 179) Die Möglichkeit zur schnellen Reproduktion und hohen Verfügbarkeit begründete die Massenkultur. Hinzu kamen die visuellen Eigenschaften, die dem Rezipienten die kognitive Verarbeitung ungemein erleichterten. Auf diese Weise konnten ganz neue Filmrealitäten entstehen, die technisch gesehen zwar auf die Räumlichkeiten des Kinos beschränkt waren, aber in den Köpfen der Zuschauer über diese Grenzen hinausgetragen wurden. Der Knackpunkt an dieser Stelle liegt in der alles entscheidenden Frage, in wieweit diese fiktiven Erlebnisse ins reale Leben einfließen – eine kulturell fundamentale Thematik des Postmodernismus, die durch das jederzeit verfügbare Fernsehen stetig an Bedeutung gewinnt.

Auch Rainer Winter greift die Postmoderne auf und führt hierzu unter anderem die Theorien des französischen Soziologen Jean Baudrillards an, dessen Ansichten als Vorlage für Neil Postman gedient haben könnten. Bei allen Ähnlichkeiten präsentieren sie sich allerdings längst nicht so radikal wie die amerikanische Interpretation. Laut Baudrillard verdrängt der gegenwärtige Umgang mit Medien und Konsumgütern die menschliche Interaktion, was folglich dazu führt, dass die Bedürfnisse der Konsumgesellschaft durch die Medien kontrolliert und manipuliert werden. (vgl. Winter 1995: 28f.) Die Grenzen zwischen Realität und Fiktion verschwimmen. Eine Kolonialisierung des Alltags durch medial vermittelte Realitäten setzt ein. In der so neu entstandenen Hyperrealität verschwindet der Einzelne in einer Masse von vorgefertigten Idealen, in deren Angebot er sich nun wohl oder übel einzuordnen hat.

Individualisierung bedeutet demnach immer auch eine Standardisierung. (vgl. Schulze 1992: 19) Dieses Paradox bezeichnet die Werbewirtschaft als Zielgruppe, wobei sich gerade im Hinblick auf jugendliche Subkulturen die Frage stellt, was zuerst war: Das Ei oder die Henne?! Gerade die sogenannten Scater stehen in dem Ruf, kommerziellen Trends blind zu folgen – ich greife hier ein allgemeines Klischee auf, welches sich nicht literarisch belegen lässt. Kleidung wie sonstige zur Subkultur gehörenden Elemente gibt es zu saftigen Preisen in speziellen Geschäften, allerdings dürfte dieser Stil nicht von der Modewelt initiiert worden sein, sondern von den Jugendlichen selbst. Mussten diese sich in der Anfangsphase noch Jeans fünf Nummern größer kaufen und dann kürzen, werden sie nun von vornherein derartig angefertigt. Letztlich ist zu vermuten, dass Bereiche der Modewelt lediglich auf den Zug aufgesprungen sind und eine neue Zielgruppe für sich entdeckt haben, die es zwar schon vorher gab, durch eine einheitlichere Mode nun einfach offensichtlicher von anderen Subkulturen zu unterscheiden ist. Nicht anders dürfte es beim Technostil verlaufen sein, und selbst die Flower-Power-Generation musste ihre Blümchenmuster von irgendwoher beziehen.

Es entscheidet also, wie bereits an einigen Stellen in dieser Arbeit angesprochen, nicht alleine das Angebot, sondern das Verhalten der Konsumenten. Und eben diesen Aspekt kritisiert auch Rainer Winter. Seiner Meinung nach schaut Baudrillard zu sehr auf die Konsumgüter, die sich dem Konsumenten widerstandslos aufdrängen. Eine kreative Auseinandersetzung ist somit völlig unmöglich. (vgl. Winter 1995: 37)
Doch schon alleine das Phänomen des Kultfilms beweist, dass dem nicht so ist. Ob man zum Fan wird oder nicht, bleibt jedem selbst überlassen. Nicht selten sind es gerade Kultfilme, die von Nicht-Fans vehement abgelehnt werden, wodurch nicht zuletzt jene Vorurteile entstanden sind, dass Fans vollkommen geistesgestörte Menschen seien – quasi Star Wars als Krankheitsbild. Selbst innerhalb der Sozialwelt gibt es gewaltige Unterschiede. Und gerade in Bezug auf Merchandising, ein Begriff, der wie kaum ein anderer die Konsumgesellschaft symbolisiert, stehen die meisten Fans dem vollkommen gleichgültig gegenüber.
Dass Filme nun gar keinen Einfluss auf die gesellschaftliche Ordnung haben, lässt sich allerdings auch nicht bestätigen. Es kann lediglich angenommen werden, dass es längst nicht so drastisch vonstatten geht, wie einige Sozio- und Psychologen es uns weismachen wollen. Frederic Jameson ist jemand, der dies ähnlich sieht. 

„Weil wir erst lernen mussten, dass heute Kultur eine Sache der Medien ist, geht es nur langsam in unsere Köpfe, dass Kultur immer schon so war und dass die älteren Formen oder Gattungen und selbst die spirituellen Übungen und Meditationen früherer Zeiten auf ihre – gewiss ganz andersartige – Weise ebenfalls Medienprodukte waren.“ (Jameson 1994: 178)
Medien beeinflussten demnach schon immer unser Verhalten. Eigentlich war der mittelalterliche Ausrufer, der von Stadt zu Stadt zog und Ereignisse kundtat, in seiner Funktion nichts anderes als die frühe Version einer E-Mail. Durch die Technisierung geschieht die Verbreitung von Botschaften nun aber ungleich schneller und intensiver, wodurch jene Vorgänge vielleicht auch offensichtlicher geworden sind – zumindest unterbewusst. In einigen Fällen ist dies jedoch nicht zu übersehen. So wurden die während des Golfkrieges gezeigten Aufnahmen von „chirurgischen“ Angriffen eindeutig nach dem szenarischen Muster aus dem äußerst erfolgreichen Fliegerfilm „Top Gun“ (USA 1985) mit Tom Cruise präsentiert. (vgl. Förschler 1993: 110)

Ein weiterer Gesichtspunkt, der ebenfalls unlängst Erwähnung fand, ist neben der Diffusion von Realität und Fiktion auch die Annäherung von Hoch- und Populärkultur. Vor allem Jameson hat sich diesem Thema verstärkt angenommen und beschreibt als Beispiel das Gemälde „Diamond Dust Shoes“ des Pop-Art-Künstlers Andy Warhol. (vgl. Jameson 1997: 53) Im Vergleich zur emotionalen Darstellung Vincent van Gochs „Ein Paar Schuhe“ ist die Darstellung Warholes leblos. Es sind tote Objekte in einer grellen Konsumoptik, die jeder tieferen Bedeutung beraubt wurden. Der Betrachter sieht nur noch die Oberfläche. Alles, was darunter liegen könnte, bleibt dessen Phantasie überlassen, wodurch eine potentiell eindeutige Botschaft einer Reihe von vielschichtigen Betrachtungsweisen Platz macht.
Zwar gibt Jameson zu bedenken, dass postmoderne Kunst nicht unbedingt gefühllos ist, aber der eindeutige Wahrencharakter unterstreicht dennoch eine gewisse Sinnentlehrung. (vgl. Jameson 1997: 55) Hinzu kommt seiner Meinung nach das Ineinanderfließen verschiedenen Stilrichtungen. Letztlich ist die Postmoderne eine Kultur der Imitate, in der es keine Originale mehr gibt. Auch Parodien sind dadurch nicht mehr möglich. 
In seiner Kritik gegenüber Jameson schließt sich Winter der Meinung Fetherstones an. Demzufolge habe Jameson zwar eindringlich die Erfahrungen des Postmodernismus beschrieben, die kulturellen Alltagspraktiken jedoch außer Acht gelassen.

„Soziologisch betrachtet ist es nämlich wichtig zu unterscheiden zwischen den Erfahrungen eines wissenschaftlichen Beobachters der postmodernen Kultur und den spezifischen Erfahrungen von Individuen und Gruppen, die postmoderne kulturelle Objekte im Alltag konsumieren.“ (Winter 1995: 45)
Kulturgüter alleine zu betrachten, ist zwar ein probates Mittel, die offensichtlichen Produkte der postmodernen Kulturindustrie zu beschreiben und letztlich aus persönlicher Sicht zu bewerten, doch das Wichtigste bleibt unbeachtet: die Reaktion der einzelnen Konsumenten und letztlich der Gesellschaft – der eigentliche Kern der Soziologie. Bei Kultfilmen sind dies die zuweilen recht großen Fangemeinden, die trotz allen negativen Filmkritiken und Verrissen, dennoch zu ihrem Film halten.

Bei der soziologischen Betrachtung von Filmen allgemein besteht meiner Ansicht nach ein weiteres Problem. Zumeist wird angenommen, dass ein kommerziell erfolgreicher Film, der von vielen Menschen gesehen wurde, als Indikator für gesellschaftliche Stimmungen gelten kann. Nun werden Hollywood-Produktionen aber mit einer großen Anzahl an Kopien in die Kinos gebracht (auch hier in Deutschland), so dass möglichst jedes vom Starttermin an einen Film zeigen kann, auf den das potentielle Publikum zuvor durch ausgeklügelte Werbekampagnen aufmerksam gemacht wurde. Aufgrund dieses Verfahrens erreichen viele Filme bereits in der ersten Woche den größten Teil ihres Einspielergebnisses – in den USA ist dies bereits die gängige Praxis, zumindest bei aufwendigen Produktionen. Ganz nebenbei wird aber ein höchst unberechenbarer Faktor ausgeschaltet: die Mundpropaganda. Auf diese Weise können auch Filme, die nach dem Kinobesuch der Zuschauer in deren Gunst eher niedrig stehen, dennoch eine beachtliche Besucherquote aufweisen. Würde man solche Filme nun als soziokulturelle Indikatoren heranziehen, hätte man im Grunde nicht viel erreicht. Ein Beispiel für einen solchen Film wäre „Wild Wild West“ (USA 1999) mit Will Smith. Obwohl er eigentlich alles hatte, was für einen Kinohit nötig ist (Abenteuer, Stars, Effekte), konnte er sich trotz der hohen Besucherzahl nicht lange im Gedächtnis der Kinowelt halten und gilt im Endeffekt eher als durchschnittlich. Im krassen Gegensatz dazu steht zum Beispiel „Blade Runner“, der zwar von Anfang an zu den Kultfilmen zählte, aber erst über Jahre hinweg ein großes, wenn auch statistisch schwer erfassbares Publikum erreichte.

Mann kann also durchaus behaupten, dass Kultfilme nicht den gängigen Erfolgskonzepten folgen. Wie bereits gesagt, entsteht eine Fangemeinde aus eigenem Antrieb heraus und lässt sich von Werbung und Merchandising dabei eher weniger beeinflussen. Der Vorwurf, willenlose Geschöpfe der massenkulturellen Erlebnisindustrie zu sein, ist hier so sicherlich nicht haltbar. Gleichzeitig zählen die Praktiken der Fangemeinde zu den extremsten Formen, sich mit einem Film auseinander zu setzen, die sich besonders durch Kreativität auszeichnen, die ebenfalls kaum von einer industrialisierten Kraft kontrolliert werden kann. 

Wenn schon nicht die „Gesetze“ der Konsumgesellschaft gelten, wie steht es dann mit denen der Postmoderne? Erstaunlicherweise gehören Filme, die als Beispiele für eine postmoderne Kultur herangezogen werden, fast immer zu den Kultfilmen.

Der vermeintlich undefinierbare fließende Übergang zwischen Realität und Fiktion, der bei Baudrillard und Jameson beklagt wird, wird längst nicht mehr nur auf einer kulturell künstlerischen Ebene verarbeitet, sondern hat inzwischen zu einer postmodernen Philosophie geführt, in der die Frage nach der Existenz an sich gestellt wird. Sehen heißt nicht mehr Glauben! Die Wahrheit wird zu einem definitionslosen Zustand, der mehr oder weniger frei interpretierbar scheint. Mit eben dieser Thematik wurde „Blade Runner“ zu dem Film des Postmodernismus. (vgl. Saini) In dieser düsteren Zukunftsvision haben sich große Konzerne willige Arbeitskräfte in Form von Replikanten geschaffen, die sich nur noch in ihren Fähigkeiten von den normalen Menschen unterscheiden, wobei das Motto gilt: Menschlicher als der Mensch! Doch diese Menschlichkeit wird den Replikanten zum Verhängnis. Sie wollen Antworten auf die Fragen nach ihrer Herkunft – nach dem Sinn ihres Lebens. Um geflüchtete Replikanten zu fangen, gibt es die Blade Runner, die mit psychologischen Tricks und Gesprächen über deren kindliche Erinnerungen, die sie selbst nie erlebt haben, versuchen, ihre Künstlichkeit aufzudecken.
Hinzu kommt die visuelle Dominanz, die sich in den 80ern (und selbst heute noch) von der gängigen Effekthascherei unterschied.

„Postmodernes Kino ist ein Kino gesteigerter Lustintensitäten, einer Lust an der Überwältigung der Sinne, einer Überwältigung, die keiner begrifflichen Logik gehorcht.“ (Schreckenberg 1998: 123)
Die eigentliche Handlung wird zur Nebensache und ist nicht mehr der alleinige Träger der Botschaft. Statt dessen sind es bei „Blade Runner“ die Inszenierung, die Kulisse und nicht zuletzt die Figuren, die beim Zuschauer eine Art Beklemmung hervorrufen. Derartiges gab es jedoch schon vorher. Die Schwarze Serie arbeitete ebenfalls mit diesen Stilmitteln – kurz vor dem „offiziellen“ Beginn der Postmoderne. “Blade Runner“ hat diese Elemente weiterverarbeitet und mit neuen kombiniert, wobei er sogar religiöse Symbolik verwendet. (vgl. Schreckenberg 1998: 121) Dieses Vermischen von Stilen ist ebenfalls typisch für den Postmodernismus, der laut Jameson keine Originale mehr hervorbringt. Alles scheint man irgendwie schon einmal irgendwo gesehen zu haben, eine Situation, die zwei andere Autoren mit den folgenden Worten recht treffend formuliert haben:
„Bei all diesen Diskussionen wird der skeptische Leser sagen: „Das ist ja alles schon da gewesen.“ Eine mögliche Antwort wäre: „Ja, aber nicht so.“ Die Analyse des „nicht so“ freilich ist es, die die größten Schwierigkeiten bereitet.“ (Huyssen/Scherpe 1997: 7)
Bei Filmen sind es eben diese beiden Wörtchen, wodurch sich Kultfilme von durchschnittlicher Hollywoodwahre unterscheiden, denn ansonsten könnten Fans ihre Interessen mühelos auf andere Produktionen übertragen. Selbst wenn es Figuren wie zum Bespiel „Indiana Jones“ in ähnlicher Form in der Filmhistorie schon gegeben hat, ist sie in ihrer Version gnadenlos überzogen. Doch genau dies macht wiederum deren Einzigartigkeit aus. Ferner bewirkt diese Künstlichkeit zusammen mit der postmodernen Unlogik, dass sich die Grenze zwischen Realität und Fiktion nicht abschwächt, sondern im Gegenteil ungemein verstärkt. Es dürfte wohl niemand ernsthaft glauben, dass die Dinge, die die Actionhelden mit nur ein paar Fleischwunden überstehen, ein echter Mensch überhaupt überleben würde. Dies gibt es halt nur in der Kinowelt, die von dem Film „Last Action Hero“ (USA 1993) mit Arnold Schwarzenegger köstlich parodiert wurde, wobei ein weiterer Vorwurf Jamesons widerlegt wird. Trotz dessen Behauptung, Parodien seien in einer Kultur, in der Stilmittel und epochale Elemente wie Teile eines Puzzles gehandhabt werden, nicht mehr möglich, gibt es im Zusammenhang mit Kultfilmen zahlreiche Beispiele, dass dies sehr wohl geschieht. Das Bekannteste dürfte wohl „Space Balls“ (USA 1993) von Mel Brooks sein. Dieser Film veralbert so gut wie jeden bis dato gedrehten Science-Fiction-Kultfilm - besonders „Star Wars“; ein Film, der selbst eine Komposition aus anderen kulturellen wie gesellschaftlichen Bereichen darstellt. Auch „Indiana Jones“ konnte so manchen Autor inspirieren.

Parodien und Filmzitate sind in der gegenwärtigen Filmproduktion gang und gäbe. Das Problem dabei ist nur, dass einige dieser Parodien selbst zu Kultfilmen werden konnten, wie zum Beispiel der Horrorstreifen „Scream“ (USA 1997). Der Regisseur Wes Craven spickte seinen Film absichtlich mit Klischees und Zitaten, die er selbst im Verlauf seines Schaffens gestaltet hatte. So ist es nicht verwunderlich, dass die Fans vor allem die Selbstironie hervorheben, die es in ähnlichen Filmen dieser Art nicht gibt. Nun ist aber auch dieser Film mit „Scary Movie“ (USA 2000) schon wiederum parodiert worden.

Im Laufe ihrer Entwicklung ist die Filmgeschichte immer komplizierter geworden, was meiner Meinung nach nur natürlich ist. Vor fünfzig Jahren gab es einfach noch nicht allzu viele Filme, aus denen man zitieren konnte. Stilmittel und –elemente wurden solange neu entwickelt und ausprobiert, bis sich schließlich eine bewährte Palette geformt hatte, aus der sich die Regisseure von heute, die bereits mit Filmen aufgewachsen sind, bedienen können. Vor allem Quentin Tarantino ist dafür berühmt, dass er scheinbar ausgestorbenen Filmstilen neues Leben einhaucht, die alles andere als simple Revivals sind.

„Die kreative Leistung Tarantinos bestand darin, diese oft recht kruden Einflüsse so zu amalgamieren, dass etwas Neues, Aufregendes entstand.“ (Schreckenberg 1998: 127)
Letztlich kann man also sagen, dass Kultfilme durchaus als Originale zu bezeichnen sind. Das vermeintlich unkreative Vermischen von verschieden Stilen ist alles andere als bloßes Kopieren. Was Leuten wie Frederic Jameson dabei vielleicht Sorgen bereitet, ist der Umstand, dass diese Vielfalt nicht unbedingt einfach zu betrachten ist – die Fragen, ob neu oder alt, ob Parodie oder nicht, sind sicherlich nicht leicht zu beantworten. Und vermutlich ist es auch eine Form von Bequemtheit, diese „neue“ Vielschichtigkeit schlichtweg als ein postmodernes Negativ hinzustellen. Ausschließlich zwischen Weiß und Schwarz unterscheiden zu müssen, ist wahrlich recht simpel, aber ob man es nun will oder nicht, man muss sich auch den verschiedenen Graustufen widmen – gerade in der Soziologie. Abgesehen davon bedient sich die Architektur auch nur Steinen oder Holz, und trotzdem gibt es die Gotik, die Renaissance oder die Moderne. Wie die Literatur haben sich Kunstformen in den letzten 1000 Jahren beständig verändert und weiterentwickelt. Niemand beschwert sich über jene Werke, die in der Übergangsphase entstanden sind oder sogar exotische Einflüsse zeigen. Vielleicht liegt es daran, dass die cineastische Evolution noch jung ist und somit sämtliche Veränderungen in einem überschaubaren Jahrhundert vereint. Als technisches Medium unterliegt es außerdem den rasanten Fortschritten, was ständig neue Ausdruckformen ermöglicht, während die Buchstaben eines Buches immer die gleichen bleiben.

Der Mensch ist ein Gewohnheitstier, heißt es. Vielleicht ist die Belegung des Begriffs des Postmodernismus mit negativen Intentionen einfach nur Ausdruck vom Festhalten an gewohnten Umwelten. Aus dieser Sicht kann man sogar in Frage stellen, ob sich die Moderne bis heute überhaupt grundlegend verändert hat. So könnte für diese Epoche wie für den Film eventuell eher folgendes zutreffen:

„Postmoderne ist die Moderne, die volljährig wird...“ (Bauman 1992: 333)

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